Gerade bin ich nach 10 aufregenden und eindrucksvollen Reisetagen aus Tansania zurück gekommen und werde nun überall gebeten, über die Reise zu berichten. Aber wie fasst man zusammen, was einem vor Ort überwältigt, überrascht, beeindruckt, fröhlich, ehrfürchtig, nachdenklich oder traurig gemacht hat.

 

Diese Reise an den Kilimanjaro – iniitiert aus unserem Netzwerk Positive Psychologie – war von Anfang an mehr als eine Urlaubsreise. Sie war Selbsterfahrungsreise, soziales Engagement, kultureller Austausch und Heldinnenreise zugleich.

 

Soziales Engagement bei Goodhope Moshi

Ausgangspunkt unserer Fahrt war der Impuls, aus unserem Netzwerk heraus unsere Aktivitäten zum Aufblühen mit sozialem und nachhaltigem Engagement zu verbinden. Über einen Kontakt entstand die Idee, Good Hope Moshi zu unterstützen, eine spendenfinanzierte Schule in Tansania. Anfangs gingen dort vor allem minderjährige Mädchen in die Goodhope Schule, um ihren Schulabschluss zu machen, auch wenn die staatlichen Schulen ihnen dies aufgrund einer Teenagerschwangerschaften verwehrten. Mittlerweile gehen Jungen und Mädchen auf die Schule, die im staatlichen Schulsystem gescheitert sind und ohne die Goodhope Schule in Moshi keinen Abschluss hätten. Die staatliche Schulbildung in Tansania beträgt 7 Jahre, aber es wird nicht kontrolliert und gefördert, dass jede und jeder diesen im staatlichen System auch machen kann.

 

Unsere Reise nach Tansania beinhaltete daher einen Besuch und Arbeitseinsatz in der Schule, bei dem wir Wände und Mauern im Hellblau des Schullogos gestrichen und Hecken gestutzt haben. Die Nachbarschaft der Schule hat voller Neugier, die weißen Frauen mit der Machete vor der Schule in Aktion beobachtet. Als Neurographik-Trainerin und -Spezialistin für Kinder und Jugendliche habe ich natürlich bereits vorab gefragt, ob ich mit den Kindern zeichnen kann. Faszinierend habe ich ihre erst zögerlichen und dann glücklichen Gesichter erlebt, als wir die lebendigen Linien mit den Abrundungen gezeichnet und darin unsere kreativen Kraftbilder entdeckt haben. Kreativitätstraining zählt eher nicht zum Fokus der tansanianischen Schulbildung. Klassischerweise sind Auswendiglernen und Repetieren in der Gruppe die Methoden der staatlichen Schulen. Da die Kinder in diesem System gescheitert sind, versucht die Goodhope-Schule hier vor allem mit anderen und kreativen Methoden, bessere Lernergebnisse zu erzielen. Wir konnten dann auch in der Familie, bei denen wir gewohnt haben, junge Menschen treffen, die nach erfolgreichem Schulabschluss in der Goodhope Schule zum Studium gehen oder dieses auch bereits erfolgreich bestanden haben.

 

Überhaupt war es sehr auffällig, jeden Morgen ab 6 Uhr die adretten Kinder und Jugendlichen in ihren gepflegten Schuluniformen die (teilweise auch sehr weiten) Schulwege gehen zu sehen. Meist waren sie erst auf dem Rückweg, wenn wir am Abend gegen 18 Uhr zurück von unseren Aufflügen kamen. Ihr herzliches Winken begleitete uns stetig.

 

Reisen verändert und weitet den Blickwinkel!

Auch diese Weisheit konnten wir hautnah erleben. Mir wurde nochmal stärker bewusst, mit welcher Selbstverständlichkeit wir hier so manches mal von Afrika sprechen und uns dabei gar nicht wirklich bewusst sind, wie riesig groß dieser Kontinent ist und das man kein Land (und seine Menschen) einfach so mit den anderen vergleichen kann. Wir durften lernen: Tansanianer wie Oliver, MammaMu und Winnie sind mehr zurückhaltender als Kenianer wie beispielweise Sahra, die Projektmanagerin von GoodHope Moshi, die jeden meiner englischen Sätze zur Neurographik mit einem etwa 10 minutigen Redebeitrag in Kishuali übersetzte. Wir durften uns fragen, warum sich unsere Gastgeber nicht zu uns beim Essen setzten und uns fragen lassen, warum wir uns denn (zumindest am Anfang) denn auch nicht im Gegenzug zu ihnen setzten.

Wir durften lernen, dass Tansania in der Kilimanjaro-Region viel grüner ist, als mein bisheriges Afrikabild es sich vorgestellt konnte, dass das noch immer übern offenen Feuer zubereitete Essen sehr frisch, überraschend lecker und gesund ist und das der größte Wunsch vieler Menschen – neben dem Wunsch nach guter Bildung für die Kinder – ein eigenes kleines Häuschen ist. Umgekehrt haben auch unsere Gastgeber durch uns gelernt, das nicht jede/r Weiße immer davon ausgeht, ein Bad und eine Dusche vor zu finden, dass Weiße Meditationen machen, nachdem sie den ganzen Tag in viel zu schnellem Tempo durch den Tag rennen und das wir eine Weile brauchen, um Hakuna Matata ohne durchgeplante Grundstruktur eine Reise zu genießen.

 

Überhaupt die Zeit! TFT, pole pole und Hakuna Matata!

TFT – Tansanian Flexible Time lautete die Umschreibung für unsere große Schulstunde in langsamen Gehtempo, Verabredungen ohne Uhr und genauen Zeitangaben. Beeindruckend mit welch großer Gelassenheit Tansanianer warten können, ob am Busstand, mit dem Motorrad auf neue Kunden oder darauf, dass das gemeinsame Essen beginnt. Mit dem täglichen frühen Start in den Tag und der Vielzahl an Aktivitäten hatten wir schon nach wenigen Tagen das Gefühl bereits wochenlang im Land zu sein. Und obwohl der Ruf des Hahnes, das Bellen von Straßenhunden oder die muslimischen und christlichen Rufe zum Gebeten vom Schlaf oft abgehalten haben, hat die Vielfalt der Eindrücke und die ansteckende Herzlichkeit im Umgang mich wach, lebendig und offen gemacht und mit Lebensfreude erfüllt. Pole pole (langsam, langsam) und Hakuna Matata wurden so nach und nach auch zu unserem Tempo.

 

Der Abschied ist mir schwer gefallen.

Nun bin ich zurück im Alltag, habe wieder die ganze Fülle und den Reichtum unserer westlichen Lebensweise um mich, verpasse mit meiner noch verbliebenen Hakuna Matata-Einstellung (noch) lachend die Straßenbahn und stelle wieder mal fest, dass die Verteilung von Lebensfreude und Zufriedenheit umgekehrt proportional zur Höhe des Lebensstandards verteilt zu sein scheint.

Es wird wohl noch einige Notizen und Neurographiken brauchen, bevor ich die ganzen Eindrücke verarbeitet habe. Vor allem aber freue ich mich, dass ich – mit großer Wahrscheinlichkeit – im nächsten Jahr wieder dorthin reisen werde und eine neue Reisegruppe bei ihren Erfahrungen begleiten darf.